Die diesjährigen Berufsorientierungswochen standen ganz im Zeichen der Justitia, denn Gerechtigkeit kann man und soll man leben, aber man kann es auch beruflich ausüben. Welche Möglichkeiten sich hierzu anbieten, sollte die Jahrgangsstufe 11 unserer gymnasialen Oberstufe dieses Jahr in der BO-Woche kennenlernen. Hierzu haben sich verdiente Profis bereit erklärt, ihr Berufsbild in eindrucksvollen Vorträgen den Schülern und Schülerinnen zu vermitteln, sondern auch die Möglichkeit geboten, sich aktiv zu beteiligen.
Aber beginnen wir von vorne: Den Anfang hat Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger von der Staatsanwaltschaft Gießen gemacht. Herr Hauburger, der auch gleichzeitig Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Gießen ist, kann natürlich auf ein reichhaltiges Repertoire von Fällen zurückgreifen, die die Schülerschaft fesseln. Wer aber glaubt, dass „das Blut nur so spritzt“ beim Vortrag, muss leider enttäuscht werden, denn Staatsanwalt bzw. Staatsanwältin ist eben nur eine Möglichkeit nach dem Jurastudium. Insofern war Hauburgers Vortrag auch dementsprechend aufgebaut, welche Fächer und Kompetenzen sind wichtig für ein Jurastudium, wie lange dauert ein Studium und wo kann man das studieren und so weiter und so fort. Fragen, die Thomas Hauburger auch sehr authentisch an seinen eigenen Lebenslauf knüpfte bzw. damit beantwortete. Nach dem Jurastudium sind sodann verschiedene Wege möglich, die Hauburger auch alle eindrucksvoll mit verschiedenen Zahlen des Verdienstes unterlegte und somit den Bogen von den Berufen in den Justizbehörden über bewährte Anwaltskanzleien zu den hochdotierten Großkanzleien spannte.
Eine schülergerechte und wohldosierte Kostprobe gab es dann aber doch, denn Hessens – wenn nicht gar Deutschlands – bekanntester Staatsanwalt, der in Medien wie Aktenzeichen XY oder Sendungen wie Crime Time in den Mediatheken der ARD zahlreiche Fälle aufgeklärt hat, hatte einen Fall im Gepäck, der vor Jahren unweit der Schule sich zugetragen hatte. Die Bausteine und Indizien, die den Fall schließlich zur Aufklärung brachten und den Täter dann überführten beeindruckten nicht nur die Schüler und Schülerinnen, sondern sind ein Beitrag, unsere Welt wenigstens ein bisschen gerechter zu machen. Danke dafür Herr Hauburger!
Es kann aber auch sein, dass man gerade seinen Studienplatz erst später zugeteilt bekommt oder antreten kann. Was liegt da näher, als etwas Gerechtes zu tun, indem man ein FSJ (freiwilliges soziales Jahr) als Rettungsassistent ableistet, denn dann tut man nicht nur Menschen in akuter Not etwas Gutes, sondern erwirbt sich Berechtigungen, die man zumindest während des Studiums für sich monetär nutzen kann. Hierzu hatte Frau Theresa Bolte mit Herrn Kevin Weidlein von den Johannitern aus Linden einige Informationen im Gepäck und einen ausführlichen Überblick über Dauer, Einsatzmöglichkeiten, Verdienst sowie Versicherungsstatus während des FSJ. Abgerundet hat den Vortrag der anschließende praktische Teil, bei dem die Schüler und Schülerinnen einen richtigen Rettungswagen von Innen sehen durften und alle Fragen seitens der Schüler beantwortet werden konnten. Natürlich wurde auch das darin befindliche Equipment gezeigt und mittels eines Dummys getestet. Theorie und Praxis sind auch hier zwei völlig verschiedene Welten und sicherlich den ein oder anderen überzeugen konnten. Vielen Dank an das Johanniter-Team aus Linden, mögen Sie immer rechtzeitig kommen!
Dass Steuern auch gerecht sein können und eine gewisse Steuergerechtigkeit herrscht, darüber referierte Herr Felix Beez von der Steuerberatung Lollar. Niemand zahlt gerne Steuern, aber ohne geht es eben in einem funktionierendem Staat auch nicht und durch seine berufliche Tätigkeit versucht Herr Beez täglich Unternehmen und Privatpersonen in einem komplizierten Geflecht von Steuergesetzen und -verordnungen Klarheit zu verschaffen, denn entweder verschenkt man Geld, weil man nicht die richtigen Anträge stellt oder kennt oder schlimmer noch man bekommt es mit dem Finanzamt zu tun, die bekanntermaßen in Sachen Steuern gar keinen Spaß verstehen und man daher lieber alles fristgerecht erledigt. Leider macht das Unheil auch hier keinen Halt, uns allen sind noch die Betrugsseiten während der großzügigen Coronahilfen ein Begriff, wo findige Betrüger unberechtigte Staatshilfen doppelt und dreifach kassiert haben. Herr Beez hat eindrucksvoll von seinem beruflichen Weg als studierter Jurist zum Steuerprofi berichtet. Steuergerechtigkeit sorgt also auch für einen gesellschaftlichen Frieden, vielen Dank dafür Herr Beez.
Eine echte Herausforderung war die Vorstellung der Polizei Mittelhessen vertreten durch Frau Julius und Herrn Sahm, der sich ehrlicher weise nur ein gutes Dutzend Schüler praktisch entgegenstellten. Aber auch diese Geschichte will von vorne erzählt werden. Begonnen hat auch diese Berufsgruppe mit einem Vortrag, der die beruflichen Möglichkeiten und Einsatzgebiete: Schutz- und Kriminalpolizei zeigte. Auch hierzu sind alle relevanten Eignungen und Kompetenzen sowie Erwartungen in einem Vortrag vorangestellt worden, damit die Schüler und Schülerinnen einen Überblick darüber haben, was sie im Falle dieser Berufswahl erwarten würde. Hierbei wurde natürlich neben den körperlichen auch auf die charakterlichen Eigenschaften verwiesen, die der demokratischen und pluralistischen Grundüberzeugung entsprechen müssen. An kaum einem anderen Beruf lässt sich die Gerechtigkeit einer Gesellschaft messen, wie es bei der Polizei der Fall ist, daher sei man hier in diesem Kontext besonders kritisch bei der Auswahl.
Allerdings sei das die erste Hürde, denn im Anschluss folgt eine praktische Prüfung in Wiesbaden, an der immer noch viele scheiterten. Um zu wissen, wo man selbst steht, haben Frau Melanie Julius und Herr Paul Sahm sich die Arbeit gemacht und den sportlichen Eignungstest in unserer Sporthalle simuliert – und der hatte es in sich. Das mutige Dutzend, welches eingangs erwähnt und auf einem der Fotos zu sehen ist, durchlief alle vier Disziplinen in zwei Kleingruppen. Zunächst musste eine Gruppe dreißig Kilo liegend stemmen, was schon vom Zusehen anstrengend aussah. Das war aber im Vergleich zum parallel laufenden Achterlauf der anderen Gruppe geradezu ein Kindergeburtstag, denn der hat es in sich und sorgte zudem für aufgescheuerte Knie. Hier musste man in sternenförmig genau aufgebauten und abgemessenen Kasten in vorgegebener Zeit und Rundenzahl laufen, was sich als Strecke wie eine acht darstellt und danach auch benannt wurde. Mega anstrengend, nicht alle haben hier die Vorgaben erreicht. Zu schaffen ist hingegen der Fünfer-Sprunglauf, der ein bisschen an Weitsprung erinnert. Der 500 m Wendelauf sieht auch easy aus, ist aber nach erbrachten Vorleistungen auch nicht ohne. Insgesamt haben sich aber die CBES-Anwärter gut geschlagen und verdienen hier einen nachträglichen Respekt. Übrigens können alle Zeiten, Anforderungen und Aufbauten im Netz eingesehen werden. Frau Julius und Herrn Sahm kann man nur abschließend danken und im Bemühen, unsere Welt sicherer und gerechter zu machen, alles Gute wünschen.
Es stellte sich dann für alle Teilnehmer heraus, dass Gerechtigkeit kein gegebenes Naturgesetz ist und man viele viele ehrliche und redliche Menschen braucht, die tagtäglich mit ihrer Person dafür einstehen. Danke dafür! Und wer will, hatte an diesem Tag verschieden berufliche Möglichkeiten aufgezeigt bekommen, daran einen persönlichen Anteil zu haben.