Rafik Schami wirkt, als besäße er die goldenen Becher zu einem unendlichen Erzählstrom, aus dem er schöpft, gespeist vom Regenbogenwasser, schillernde Worte, so glitzernd und farbenfroh wie ein Buntbarsch. Mit seinen Geschichten lässt er das Publikum an seinem grandiosen Phantasma teilhaben. Sein Thema ist zweifellos die Gesellschaft und so legt er dann auch den roten Faden zwinkernd-gnädig um die Menschen, die Kinder, die Mütter, die Väter, die Onkel und Tanten, entlarvt jene in ihren Träumen, Sehnsüchten, Hoffnungen und Ängsten. 90 Minuten lang kehrt er mit uns durch die engen Gassen von Damaskus, führt uns an die Plätze seiner eigenen Kindheit, dorthin also, wo der Krieg mittlerweile vieles zerstört hat. Geschichte um Geschichte reiht sich so aneinander, dazwischen der betörende Duft von Damaszener-Rosen, Pistazieneis, orientalischem Kaffee. Meisterhaft wandelt er durch den Erzählstrom, rührt darin, taucht ein, taucht auf, zieht eine neue unerwartete Wendung hervor und überrascht die 150 Gäste in der Aula der CBES. Könnte ihn jemand aufhalten? Nein! Allein er vermag den Fluss seiner Worte zum Stillstand zu bringen. Souverän gestaltet er die Spannungsbögen der einzelnen Geschichten, verlangsamt, beschleunigt und setzt die alles entscheidende Pointe am Ende. Das Publikum schmunzelt, ist gerührt, lacht, lacht Tränen und staunt ob so viel Mut in aller Erzählkunst, die eines will: das Abbild des einzelnen Menschen in der großen Gemeinschaft bei gleichzeitiger Demaskierung von Staat und Religion.
Fazit: Wer den brillanten Erzähler bislang nicht kannte, wird von seinen Geschichten zukünftig nicht lassen können.