Trotz Pandemie ist es dank Unterstützung der Deutschen Gesellschaft e.V. gelungen, den Schülerinnen und Schülern des Abiturjahrgangs der CBES einen Austausch mit Mike Mutterlose im Rahmen des Geschichtsunterrichts zu ermöglichen. Nach einer profunden Einführung in die DDR-Historie durch den Referenten der Deutschen Gesellschaft e.V. – Herrn Stefan Martin – begann Mutterlose aus seiner Jugendzeit in der DDR zu berichten.
Er trug dabei Anzug, hatte eine Aktentasche dabei und skizzierte zunächst sehr anschaulich die Absurditäten des DDR-Alltags aus Sicht eines damals 15-Jährigen. Er berichtete, wie er nach und nach in Konflikt mit dem System geriet – insbesondere nach dem Gesuch, ins „feindliche“ Ausland reisen zu wollen. Legale Ausreisemöglichkeiten waren für ihn nicht möglich.
Unter etlichen Nachfragen der interessierten Schülerinnen und Schülern beschrieb Mutterlose, wie sich bei ihm dann sukzessive der Wunsch nach konkreten Fluchtmöglichkeiten entwickelte – aber auch wie „tödlich“ und perfide die Grenzbefestigungsanlagen ausgelegt waren. Schließlich reifte – gemeinsam mit einem Freund – eine Fluchtidee über die Botschaft in Prag.
Es folgte eine emotionale Darstellung der Details der für Mutterlose schicksalhaften Nacht im Jahre 1988 – in seiner mitgebrachten Aktentasche die entsprechende Stasi-Akte dieses gescheiterten Fluchtversuches. Mutterlose erzählte, wie sie stundenlang durch ein Maisfeld krochen, bis sie am ersten Grenzzaun ankamen. Sie schafften es hindurch, über ein vom Regen ausgewaschenes Minenfeld, vorbei an Grenztürmen und Bunkern, bis sie vor einem neu gebauten Zaun standen und nicht weiterkonnten. Er summte leise. Um zu testen, ob dieser unter Strom stand, warfen die Freunde etwas dagegen und der Alarm wurde ausgelöst. Was folgte, waren Erinnerungen, die der heute 52-Jährige nie vergessen wird und immer noch nicht vollständig verarbeitet hat.
Gebannt verfolgen die Schülerinnen und Schüler seinen Ausführungen zur Verhaftung, den menschenverachtenden Verhören sowie der Inhaftierung, der Rückführung nach Ost-Berlin, dem Gefängnisaufenthalt in Hohenschönhausen, der 11-monatige Haft sowie dem späteren Freikauf durch die Bundesrepublik Deutschland. Mutterlose schaute dabei in der Aula der CBES oft zu Boden, in seinen Augen sammelten sich Tränen. Es war der emotionale Höhepunkt eines Vormittags im Zeichen der Geschichte, geprägt von persönlichen Schicksalen.
Der Aufgabenfeldleiter der Gesellschaftswissenschaften sowie Organisator der Zeitzeugenveranstaltung – Herr Matthias Payer – bedankte sich abschließend bei den Gästen. „Es ist uns ein Anliegen mit Veranstaltungen dieser Art unseren Schülerinnen und Schülern das politische System der DDR näherzubringen und die Teilung unseres Landes noch in jüngster Geschichte in Erinnerung zu halten. Und wer könnte das besser als die Menschen, die massiv unter dem diktatorischen Regime der DDR leiden mussten?“