Lollar/Berlin/Neu-Delhi: Wir schreiben das Jahr 1854, die Zeit des Kolonialismus. Mit Unterstützung Alexander von Humboldts begeben sich drei deutsche Abenteurer auf die größte Forschungsreise des 19. Jahrhunderts. Ihr Ziel ist der Himalaya und der indische Subkontinent. So jedenfalls scheint es zunächst, denn die von der Ostindischen Kompanie in England beauftragten Vermessungsarbeiten werden zu Spionagezwecken missbraucht. Die Geschichte hat Brisanz, so denkt sich auch Christopher Kloeble. Der in Berlin und Neu-Delhi lebende Autor nimmt sich des spannenden Stoffes an und bearbeitet ihn literarisch. Einen Perspektivwechsel vorzunehmen, war ihm wichtig, erklärte Kloeble dem Publikum anlässlich seiner Lesung am 3.9.2021 in der Mediothek. Deshalb habe er sich auch entschieden, die Geschichte aus der Sicht des 12-jährigen Bartholomäus zu erzählen, einem indischen Waisenjungen, der den Schlagintweits im Roman als Übersetzer dient. Die fiktive Romanfigur böte die Möglichkeit, das System des Kolonialismus zu entlarven. Auf die Frage hin wie der Autor denn überhaupt auf die bayerischen Schlagintweits gestoßen sei, antwortet er überraschend: „Ich bin selbst in Bayern aufgewachsen“ und ergänzt, dass er den Gebrüdern aber ironischerweise erst in Indien begegnet sei, wo man auch das Oktoberfest kenne und ihm von dem Forscher-Trio erzählte. Eine indische Weltkarte, auf der sich das kleine Europa am äußersten Rand befunden habe, sei letztlich ausschlaggebend für die Entstehung des Romans gewesen, wie Kloeble verriet. Mit seinen sehr persönlichen Anmerkungen zum Roman und zu seinen Erfahrungen im heutigen Indien hat uns der Autor auf eine eindrucksvolle Museumsführung mitgenommen. Der Perspektivwechsel war beeindruckend.
Der Abend wurde freundlicherweise von der Volksbank Mittelhessen mit einer Kulturförderung bedacht. Wir sagen Dankeschön!