Aus der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur der Länder Mittel- und Osteuropas ist im deutschsprachigen Raum nur wenig bekannt, dabei gibt es viel zu entdecken: ausgezeichnete Illustrationen, wunderbare Kinderbücher, starke Graphic Novels, originelle Kinderlyrik, absurden Humor, erhellende Gesellschaftskritik und ungewohnte Jugendthemen.
Das ViVaVostok-Programm der Robert Bosch Stiftung öffnet mit innovativen Partnern den besten und spannendsten Kinder- und Jugendbuchautoren und –illustratoren aus den Ländern Mittel- und Osteuropas die Tür, damit sie sich hier bei uns präsentieren können.
Das beschauliche Lollar wird am 5. und 6. Oktober 2016 Schauplatz dieses europäischen Kulturprojekts. Anlässlich der „Lit Lollar“ wird in diesem Jahr das Schwerpunktland Polen beleuchtet. Unter dem Dach der Stadt- und Schulmediothek CBES Lollar/Staufenberg werden mehrere Workshops mit herausragenden Persönlichkeiten der zeitgenössischen polnischen Buchillustrations- und Grafikkunst stattfinden. Neben den Kreativ-Workshops mit Schülerinnen und Schülern der CBES und ihrer Partnerschule in Danzig werden Jan Bajtlik, Małgorzata Gurowska und die Journalistin Joana Ruszczyk zwei Workshops für das öffentliche Publikum durchführen.
Lassen Sie sich mit uns für die vielfältige Buch- und Illustrationskunst aus unserem Nachbarland Polen begeistern. Mehr Informationen zu den einzelnen Workshops und deren Protagonisten sind dieser Seite zu entnehmen.
„Faszination Schriftkunst“ – Art-Workshop mit dem polnischen Illustrator und Plakatkünstler Jan Bajtlik
Zeit: 19:00 – 21:00 Uhr
Ort: Stadt- und Schulmediothek CBES Lollar/Staufenberg
E-Mail-Anmeldung mit Nennung Ihrer Kontaktdaten (Name / Institution, Anschrift und Telefon) unter: litlollar@cbes-lollar.de
Wir begegnen ihr tagtäglich, sei es beruflich oder in unserer Freizeit. Sie prägt unser Leben wie kein anderes Medium. Sie lässt Menschen miteinander kommunizieren, und das seit Jahrtausenden – die Schrift, ein universales Kulturgut der Menschheit. Ein Blick in die Kunstgeschichte verrät, dass unsere Schriftsysteme immer schon auch ein für Künstler reizvolles Sujet waren und immer noch sind. Der kreative Umgang mit dem Thema hat Tradition und beschränkt sich nicht allein auf die Entwicklung von Schriftarten oder die Gestaltung von einzelnen Schriftzeichen. Vielmehr ist es das künstlerische Ansinnen von Grafikdesignern, Illustratoren und Plakatkünstlern, die mit innovativen Herangehensweisen die ästhetische Ausdrucksqualität auszuloten versuchen.
Wann hat man schon einmal die Gelegenheit, einem hochkarätigen Spezialisten für Typographie über die Schulter zu schauen? Der erfahrene Illustrator und Grafikdesigner Jan Bajtlik präsentiert in seinem Workshop das spannende Kapitel mit praktischen Beispielen. Der Künstler favorisiert für seinen Schnupperkurs in die Materie ein ausgewähltes Druckverfahren mittels Holzbuchstaben und farbiger Tinte und spricht damit ein breites Publikum an. Freuen Sie sich mit uns auf diesen vielversprechenden Senkrechtstarter der zeitgenössischen polnischen Illustrationskunst.
Jan Bajtlik (Jahrgang 1989) arbeitet nach seinem Masterabschluss an der Kunsthochschule in Warschau als freischaffender Grafikdesigner und Illustrator. Er gestaltet Kinderbücher, Plakate, Illustrationen, Fonts und visuelle IDs für Kulturveranstaltungen. Seit September 2015 lehrt er am Fachbereich für Grafik der Polnisch-Japanischen Hochschule für Informationstechnologie in Warschau. Jan Bajtlik ist regelmäßig Sprecher bei der Internationalen Designkonferenz „TYPO Berlin“. Sein Kinderaktivitätsbuch „Alphadoodler“ ist in mehrere Sprachen übersetzt worden und erhielt beim Bologna Ragazzi Preis 2015 den „Special Mention“-Award. 2014 und 2015 führte Bajtlik 100 Kunst- und Typographie-Workshops für Kinder, Eltern und Erzieher in Polen durch. In Deutschland kooperiert er mit dem Berliner Projekt „Kulturkind“ des Förderkreises „Kunst und Kultur für Kinder und Jugendliche e. V.“. Jan Bajtlik illustriert neben verschiedenen anderen Medien für „Time Magazine”, “The New York Times” und “Gazeta Wyborcza”. Seine Werke werden weltweit ausgestellt, so zuletzt 2016 anlässlich des Fete du Grapshime in Cite des Artes in Paris. Zahlreiche Auszeichnungen und Preise bei nationalen und internationalen Grafik-Wettbewerben schmücken sein künstlerisches Werk, darunter die Silbermedaille der 10. Internationalen Poster Triennale in Toyama (Japan). 2015 wurde der Illustrator vom polnischen Minister für Kultur und Nationalerbe für seine Kinderbücher und sein pädagogisches Engagement ausgezeichnet.
Jan Bajtlik im Filmvortrag bei der Internationalen Designkonferenz „TYPO Berlin“ finden Sie hier.
„Lokomotive“ – Ein politischer Art-Workshop mit der Buchillustratorin Małgorzata Gurowska und der Journalistin Joana Ruszczyk
Termin: 6. Oktober 2016
Zeit: 19:00 – 21:00 Uhr
Ort: Stadt- und Schulmediothek CBES Lollar/Staufenberg
E-Mail-Anmeldung mit Nennung Ihrer Kontaktdaten (Name / Institution, Anschrift und Telefon)
unter: litlollar@cbes-lollar.de
„Es ist naheliegend, einen Kindergedichtklassiker, in dem es – wie bei Julian Tuwim – um eine Lokomotive geht, als fortlaufendes Leporello zu gestalten. Wenn dazu jedoch eine komplette Neu-Interpretation des Textes durch Bild und Kommentar erfolgt, wie sie Illustratorin Małgorzata Gurowska zusammen mit der Journalistin Joanna Ruszczyk vorgenommen hat, wird das Ganze außergewöhnlich.“, so Dr. Katja Wiebe, Lektorin für mittel- und osteuropäische Literatur bei der Internationalen Jugendbibliothek in München.
Das mit markanter Computergrafik und auffallendem Schwarz-Weiß-Kontrast gestaltete Bilderbuch offenbart nach kurzer Zeit der Lektüre, diese Lokomotive hat es in sich. Sie ist das anklagende und provozierende Transportmittel für die tief greifenden Probleme unserer Zeit. Ihre Fracht sind gestapelte Tiere, Waffen, Soldaten, Panzer, Möbel, Männer, Frauen, Kinder. Auf der Rückseite der Wagon-Illustrationen begegnet der Leser/die Leserin (neben Tuwims Gedicht) Zitaten aus Tuwims Werk sowie aktuellen Reportagen, Berichten und Statistiken zur Globalisierung, Fremdenhass, Homophobie, Tierquälerei und Vieles mehr. Das Bildmaterial setzt unweigerlich eine Fülle von Assoziationen in uns frei und beschwört – zusammen mit den kommentierenden Textpassagen – den Abgesang auf alles ideologische Denken herauf. Gurowska und Ruszczyk liefern mit ihrem Workshop einen Beitrag für einen weiten gesellschaftlichen Diskurs und geben Impulse für das eigene soziale Handeln als Gegenpol zu nationalen Egoismen, Fremdenhass, Antisemitismus, Diskriminierung und der Ausbeutung von Tieren und Umwelt.
Małgorzata Gurowska ist Absolventin und Mitarbeiterin der Kunsthochschule in Warschau. Sie bewegt sich in den Bereichen Grafik, Zeichnung, Illustration, Video – und Installationskunst auf internationalem Parkett. Von 2003 – 2005 leitete Sie die unabhängige „Kunstgalerie mbH ( Galeria sztuki Z o.o.), später auch die „Ltd. Galerie“ in Warschau. Ihre Bücher haben diverse Auszeichnungen erhalten, wie z. B. beim International Book Art Festival in Warschau oder beim Bologna Ragazzi Award. Des Weiteren wurde sie bei den Taipei International Digital Content Awards sowie bei den European Design Awards preisgekrönt.
Als Künstlerin hat sie bei zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland mitgewirkt. Ihre künstlerische Arbeit kreist um soziale und politische Themen. Insbesondere das kritische Verhältnis von Mensch und Tier ist in ihrem Werk zu sehen. Gurowska bringt selbst gerne den Begriff „post-humanistisch“ ins Spiel, wenn es um ihre Kunst geht.
Joanna Ruszczyk studierte polnische Philologie an der Maria Curie-Sklodowska Universität in Lublin. Ein Aufbaustudium der Kunstgeschichte folgte, bevor sie als Absolventin für Museumskunde die Jagiellonian University verließ. Mit ihrer Diplomarbeit begleitete sie das Kuratorium der Ausstellung “Freedom of/from re-/cycling” in Zachęta – National Gallery of Art (2008). Sie arbeitet für Wochenzeitschriften wie z. B. “Newsweek Poland” und “Wysokie Obcasy”, sowie für die monatliche Ausgabe von “Twórczość”. Sie ist Mitbegründerin der Sztuczna Foundation.
Projektleitung: Thomas Zwerina
„Lit Lollar“- Workshops für Schülerinnen und Schüler
Neben den zwei für die Öffentlichkeit geplanten Art-Workshops werden Jan Bajtlik, Malgorzata Gurowska und die Journalistin Joana Ruszczyk darüber hinaus mit Schülerinnen und Schülern der CBES und ihrer Partnerschule aus Danzig zusammentreffen. Für das fächerübergreifende Workshopangebot stoßen die Geschichtslehrerinnen Maria Seiler und Elzbieta Siemon sowie die Kunstpädagogen Michael Kühn und Michael Ecker vor Ort hinzu.
Im Vorfeld zu dem bilateralen Kulturaustausch hat sich die Geschichtsprojektgruppe der CBES über eineinhalb Jahre mit dem Themenkreis „Leben in sozialistischen Diktaturen am Beispiel DDR und Polen“ auseinandergesetzt. Die Ergebnisse aus vielen Zeitzeugengesprächen, Exkursionen und Archivphasen in den beiden Ländern sollen in einer über die Schulgemeinde hinausreichenden Ausstellung aufgearbeitet werden. Kreative Impulse erhoffen sich die schulischen Teilnehmer von den internationalen Gästen am 6. Oktober 2016.
Das Projekt „Lit Lollar“ wird im Rahmen von ViVaVostok, einem Programm der Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit der Internationalen Jugendbibliothek, gefördert.